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BGH, Urt. v. 08.09.2021 – 6 StR 174/21: Jagdhochsitze als Hütten i.S.d. § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Sachverhalt:

A hat sich mehrfach ohne Erfolg um die Aufnahme in die Jägergemeinschaft an seinem Wohnort bemüht. Daher wollte er sich an der Jägerschaft rächen und entzündete u.a. in sechs Fällen jeweils mehrere hundert Kilo schwere, überdachte Jagdhochsitze an, die völlig oder teilweise ausbrannten.

Das LG hat die Handlungen als vorsätzliche Brandstiftung gewertet.

Hiergegen haben sowohl A als auch die Staats­anwaltschaft Revision eingelegt. Die mit materiell-rechtlichen Gründen gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des A bleibt ohne Erfolg. Die Revision der Staats­anwaltschaft hat lediglich im tenorierten Umfang Erfolg, ist im Übrigen aber unbegründet.

Aus den Gründen:

Erörterungs­bedürftig ist lediglich die von A in seiner Revision gerügte Einordnung der „jeweils in ihren Grundflächen mindestens 1,44 Quadratmeter großen und etwa mannshohen Jagdkanzeln (…) als „Hütten“ im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB.“

Den folgenden Ausführungen des Generalbundes­anwalts hat sich der BGH angeschlossen:

„Der Begriff der Hütte im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB umfasst Bauwerke, bei denen an die Größe, Festigkeit und Dauerhaftigkeit geringere Anforderungen gestellt werden als bei Gebäuden, die aber dennoch ein selbstständiges, unbewegliches Ganzes bilden, das eine nicht völlig geringfügige Bodenfläche bedeckt und ausreichend abgeschlossen ist. Erforderlich sind eine hinreichende Erdverbundenheit und eine damit praktizierte Immobilität. Abgeschlossenheit erfordert dabei keine Verschlossenheit oder sonstige den Zutritt beschränkenden Vorrichtungen, sondern eine gegen äußere Ein­wirkungen genügend schützende dauerhafte und feste Begrenzung.“ Eine solche könne auch bei nur zum Teil umschlossenen Räumen gegeben sein.

„Daran gemessen handelt es sich bei den (…) Jagdhochsitzen (…) um Hütten im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Ihnen ist gemein, dass sie über eine nicht völlig unbeachtliche Bodenfläche sowie über Begrenzungen nach oben durch ein Dach und nach allen Seiten durch Wände und Türen verfügen, so dass sie jeweils von zumindest zwei Personen betreten und zum Aufenthalt genutzt werden können. Darüber hinaus weisen sie eine hinreichende Erdverbundenheit auf, weil sie entweder mittels einer Verankerung oder auf Grund ihres erheblichen Eigengewichts fest mit dem Erdboden verbunden sind. Eine durch das Eigengewicht der Baulichkeit begründete Verbindung mit Grund und Boden genügt insoweit ebenso wie eine über eine Stützkonstruktion – etwa durch Pfähle oder Pfosten – hergestellte Verbindung.“

Hierzu ergänzte der BGH: „Der Umstand, dass einige der Jagdkanzeln durch Spannseile gegen Windein­wirkung gesichert waren, ändert an ihrer „Selbstständigkeit“ nichts.“

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