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BGH, Urt. v. 18.10.2020 -2 StR 246/20: Zum Verbotsirrtum bei § 334 StGB

Sachverhalt:

Als A erkannte, dass sich durch Veränderung des Schul­systems nach der Wiedervereinigung ein lukrativer Markt für neue Schulbücher eröffnet hatte, gründete er eine Buchhandlung, die sich auf den Verkauf von Schulbüchern spezialisierte. Er fungierte als Gesellschafter und Geschäftsführer des als GmbH betriebenen Unter­nehmens. Das Geschäfts­modell bestand darin, dass A oder seine Mitarbeiter Kontakt zu Schulen aufnahm und dem jeweiligen Schulleiter die Beschaffung von Schulbüchern anbot. Das Angebot umfasste sowohl Bücher, die von den Schulen erworben und an die Schüler ausgeliehen werden sollten (Leihexemplare) als auch solche Bücher, die von den Schülern bzw. deren Eltern unmittelbar erworben werden konnten (Kaufexemplare). Nach Auslieferung der Bücher ließ A dem jeweiligen Schulleiter einen Scheck mit einer Geldsumme übergeben, „die dann dem Konto des jeweiligen Schulfördervereins bzw. der jeweiligen Schule gutgeschrieben wurde“. Die Höhe des Geldbetrags bemaß sich nach dem Umsatz bei den Kaufexemplaren. Es kam in 25 Fällen zu Geldzahlungen an 11 Schulen, die jeweils zwischen 1.026,37 € und 2.873,61 € lagen. In den Fällen, in denen es zur mehrfachen Über­reichung von Schecks kam, gingen die Schulleiter davon aus, dass es im folgenden Jahr bei Bestellung sogenannter Kaufpreisexemplare höchstwahrscheinlich wieder zu einer Geldzahlung des A kommen würde. A war bewusst, dass die Geldzahlung Einfluss auf die zukünftige Entscheidung des jeweiligen Schulleiters hinsichtlich der Auftragsvergabe für Leih- und Kaufexemplare nehmen würde.

Das LG hat angenommen, dass A den Tatbestand der Bestechung gemäß § 334 Abs. 3 Nr. 2 StGB in 22 Fällen und der Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB in drei Fällen vorsätzlich und rechts­widrig erfüllt hat. Es hat jedoch einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des A angenommen und ihn daher freigesprochen.

Die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums hält rechtlicher Über­prüfung nicht stand.

Aus den Gründen:

Nach ständiger Rechts­prechung des BGH ist ein Verbotsirrtum unvermeidbar, „wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens und unter Einsatz aller seiner Er­kenntniskräfte und sittlichen Wertvorstellungen die Einsicht in das Unrechtmäßige nicht zu gewinnen vermochte.“ (Rn. 11) Bei Zweifeln besteht eine Erkundungs­pflicht. Sowohl die Auskunftsperson als auch die Auskunft müssen aus Sicht des Täters verlässlich sein. „Die Auskunft ist nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig, verantwortungs­bewusst und insbesondere nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechts­lage erteilt worden ist.“ Auskunftspersonen müssen die „Gewähr für eine diesen Anforderungen entsprechende Auskunftserteilung bieten“. (Rn. 11) Der Täter darf nicht vorschnell auf die Richtigkeit eines ihm vorteilhaften Standpunkts vertrauen. Für gesellschaft­lich tätige Personen gelten besondere Erkundungs­pflichten. Diese enthalten auch eine „Pflicht zur Aktualisierung“ im Hinblick auf strafrechtlich relevante Rechts­änderungen und beziehen sich gerade auf die Tatbestände, „deren Schutz­güter (…) durch die spezifische Berufsausübung in besonderer Weise gefährdet werden können“. (Rn. 12).

Gemessen daran lag jedenfalls kein unvermeidbarer Irrtum vor. Als Buchhändler mit seinem besonderen Geschäfts­modell war A zu solchen Erkundungs­bemühungen verpflichtet. Ein Verstoß gegen die Erkundungs­pflicht führt dann zur Vermeidbarkeit des Irrtums, wenn „die Erkundung zur Behebung des Irrtums geführt hätte“. (Rn. 14) Etwaige Erkundungs­bemühungen des A wurden nicht festgestellt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine pflichtgemäße Auskunft ergeben hätte, das Geschäfts­modell sei rechtmäßig. Zudem lag keine zu einem unvermeidbaren Verbostirrtum führende gefestigte Rechts­prechung vor.

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