Sachverhalt (Rz. 2–7)
Der Angeklagte verabredete mit dem früheren Mitangeklagten Se. ein Kraftfahrzeugrennen durch das Stadtgebiet. Dem Angeklagten und dem früheren Mitangeklagten ging es darum, ihre Kraftfahrzeuge jeweils mit maximaler Kraft zu beschleunigen und das andere Fahrzeug zu überholen. Die beiden Kontrahenten trafen sich auf einem Parkplatz und befuhren zunächst mit angepasster Geschwindigkeit die B. Straße, die über Bahngleise führt und in die Bi. straße einmündet; diese verläuft nahezu geradlinig durch ein Wohngebiet und verfügt über jeweils eine Fahrspur in jede Fahrtrichtung. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist auf 50 km/
Das Landgericht hat einen bedingten Tötungsvorsatz verneint, einen bedingten Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB aber bejaht und den Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge verurteilt.
Die aufgezeigten Rechtsfehler nötigen zur Aufhebung des Urteils. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Urteil zu Gunsten und zu Ungunsten des Angeklagten auf den aufgezeigten Darlegungsmängeln im Rahmen der Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).
Aus den Gründen (Rz. 19–26)
Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.
Die Beweiserwägungen, mit denen das Landgericht einen bedingten Tötungsvorsatz verneint hat, stehen in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis zu den Ausführungen, mit denen es an anderer Stelle die Annahme bedingten Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB begründet hat.
Das Landgericht hat das Wissenselement des bedingten Tötungsvorsatzes mit der Begründung bejaht, dem Angeklagten sei klar gewesen, dass er sein Fahrzeug innerhalb einer geschlossenen Ortschaft im Bereich eines Wohngebiets maximal beschleunigen und die Gegenfahrspur befahren werde; ihm sei weiterhin bewusst gewesen, dass andere Verkehrsteilnehmer jederzeit aus den angrenzenden Straßen einfahren, er mit ihnen kollidieren und eine solche Kollision zu ihrem Tod führen könnte. Das voluntative Element des bedingten Tötungsvorsatzes hat das Landgericht mit der Begründung verneint, der Angeklagte habe trotz objektiv hoher Gefährlichkeit der Tathandlung darauf vertraut, dass es nicht zu einem Unfall und zur Tötung anderer Verkehrsteilnehmer kommen werde; aufgrund des Umstands, dass es sich bei der von ihm befahrenen Straße um eine gut ausgebaute Vorfahrtsstraße handelte, das Rennen nach seiner Vorstellung nicht lange dauern und er den PKW des Se. rasch überholen werde, habe er nicht ausschließbar darauf vertraut, dass andere Verkehrsteilnehmer seine Vorfahrt beachten oder „grundsätzlich, wenn auch eingeschränkt, in der Lage sein würden, sein äußerst riskantes Fahrverhalten und das seines Kontrahenten zu erkennen und sich auf die hieraus ergebende Gefahrenlage einzustellen“; er habe darauf vertraut, dass es „letztlich nicht zu einem Zusammenstoß“ kommen werde.
Ein bedingter Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB liegt vor, wenn der Täter über die allgemeine Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt einer solchen Gefahrenlage zumindest abfindet.
Zur Begründung des bedingten Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB hat das Landgericht ausgeführt, der Angeklagte habe insbesondere mit der Möglichkeit gerechnet, dass andere Verkehrsteilnehmer plötzlich aus angrenzenden Straßen auftauchen, in die Bi. straße einbiegen und es in der Folge zu einem Zusammenstoß mit ihnen kommen könnte. Dies und die angesichts der gefahrenen Geschwindigkeit mit einer solchen Kollision verbundenen Folgen für die beteiligten Verkehrsteilnehmer habe er billigend in Kauf genommen, weil er die Überlegenheit des Fahrzeugs vor seinen Freunden habe demonstrieren und sein Ansehen mehren wollen. Diese Ausführungen zum bedingten Gefährdungsvorsatz lassen sich nicht widerspruchsfrei mit den Erwägungen zum bedingten Tötungsvorsatz vereinbaren, wonach der Angeklagte darauf vertraut habe, dass es „letztlich nicht zu einem Zusammenstoß“ mit Fahrzeugen des Querverkehrs kommen werde. Weiterhin lassen die Urteilsgründe offen, aus welchen rational einsichtigen Gründen der Angeklagte angesichts dieses im Rahmen des Gefährdungsvorsatzes festgestellten Vorstellungsbildes einer möglichen Kollision seines Fahrzeugs mit seitlichem Querverkehr ernsthaft und tatsachenbasiert, nicht nur vage auf das Ausbleiben eines tödlichen Erfolgs vertraut haben könnte.
Das Landgericht hat das voluntative Element bedingten Tötungsvorsatzes mit der Begründung verneint, er habe auf das Ausbleiben einer Kollision mit dem Querverkehr vertraut; die Annahme bedingten Gefährdungsvorsatzes im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB hat es aber mit der Begründung bejaht, der Angeklagte habe mit einer Kollision mit Verkehrsteilnehmern gerechnet, die aus angrenzenden Straßen in die von ihm auf der Gegenfahrspur befahrene Vorfahrtsstraße einbiegen könnten. Diese auch unter Berücksichtigung des Zusammenhangs nicht miteinander zu vereinbarenden Ausführungen lassen auch die Annahme bedingten Gefährdungsvorsatzes als rechtsfehlerhaft erscheinen. Zwar liegt die Annahme von Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB angesichts der vom Landgericht zu Recht angenommenen, anschaulichen Höchstgefährlichkeit des vom Angeklagten absprachegemäß durchgeführten Kraftfahrzeugrennens durch die Innenstadt, in dessen Verlauf er die Gegenfahrspur befuhr und – wenn auch kurzfristig – die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um ein Mehrfaches überschritt, nahe. Den Urteilsgründen kann aber auch unter Berücksichtigung ihres Zusammenhangs nicht eindeutig entnommen werden, welche konkreten Gefährdungsszenarien sich der Angeklagte vorstellte, die zwar nicht zu einer Kollision, aber doch zu einer Situation führten, die als Beinaheunfall beschrieben werden kann. Unter den hier gegebenen besonderen Umständen hätte das Landgericht jedoch im Einzelnen darlegen und tragfähig belegen müssen, welche Geschehensabläufe sich der Angeklagte vorgestellt hat, die zwar nicht zu einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern, aber zu einem Beinaheunfall in dem beschriebenen Sinne führen könnten. Hieran fehlt es.
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