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BGH, Urt. v. 22.03.23 – 6 StR 324/22: Zum Mordmerkmal Heimtücke

Sachverhalt

Der Angeklagte traf sich mit seiner Exfreundin in einem ehemaligen Bunker der Wehrmacht. Spätestens dort entschloss sich der Angeklagte, die Geschädigte mittels eines mitgeführten Stechbeitels zu töten. Er sah keine andere Möglichkeit, endgültig von ihr loszukommen und stach insgesamt sieben Mal auf ihren inzwischen entkleideten Oberkörper ein. Die Geschädigte verstarb infolge der erlittenen Verletzungen

Das Landgericht hat die Tat als Totschlag gemäß § 212 I StGB gewertet.

Mordmerkmale im Sinne des § 211 StGB hat es nicht festgestellt. Von einer heimtückischen Tötung vermochte es sich nicht zu überzeugen. Feststellungen hätten sich weder zur Reihenfolge der Stichverletzungen noch dazu treffen lassen, dass der Angeklagte sein argloses Tatopfer in den Bunker gelockt haben könnte, um dieses dort zu töten. Deshalb sei zugunsten des Angeklagten als zumindest möglich davon auszugehen, dass er den Plan zur Tötung der Geschädigten erst im  Bunker, unmittelbar vor der Tat, gefasst hat (Rn. 8)

Der BGH sieht dies als rechts­widrig an.

Aus den Gründen

Die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht das Vorliegen des Mordmerkmals der Heimtücke und demgemäß eine Strafbarkeit wegen Mordes nach § 211 StGB verneint hat, sei lücken- und damit rechts­fehlerhaft. (Rn. 10, 12)

Das Landgericht habe bei seiner Prüfung, „ob der Angeklagte eine die Abwehr­möglichkeiten   seines Tatopfers jedenfalls stark einschränkende Situation dadurch konstellierte, dass es sie veranlasste, mit ihm den Bunker zu betreten (…) weder alle relevanten Umstände bedacht noch die gebotene Gesamtwürdigung der Beweiszeichen vorgenommen.“ (Rn. 14)

Aus der Sicht des Angeklagten war die Tötung die einzige Möglichkeit um sich endgültig aus der Beziehung zu lösen. Es liegt somit nicht fern, dass er den Tötungs­vorsatz bereits zu einem früheren Zeitpunkt und nicht erst im Bunker fasste. (Rn. 15) Ferner hat das Landgericht Äußerungen und früheres aggressives Verhalten des Angeklagten rechts­fehlerhaft unberücksichtigt gelassen. (Rn. 17)

Die Annahme der Strafkammer „es sei zugunsten des Angeklagten „als zumindest möglich davon auszugehen“, dass er den Tatentschluss erst im Bunker gefasst habe, (erweist sich) als rechts­fehlerhaft, weil es an der dafür erforderlichen tatsächlichen Grundlage fehlt. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten eines Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat.“ (Rn. 18)

„Das Urteil beruht auf den aufgezeigten Rechts­fehlern (§ 337 Abs. 1 StPO). Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht den Angeklagten wegen Mordes verurteilt hätte, wenn es die Beweise rechts­fehlerfrei gewürdigt und auch die tatsächlichen Umstände im Vorbereitungs­stadium der Tat bei der Beurteilung des Vorliegens des Mordmerkmals der Heimtücke in den Blick genommen hätte.“ (Rn. 19) „Die Sache bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf (§ 353 Abs. 2 StPO), damit das neue Tatgericht umfassende und widerspruchsfreie eigene Feststellungen treffen  kann (…).“ (Rn. 20)

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