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BGH, Beschl. v. 03.07.2024 – 5 StR 535/23 – Zum versuchten Diebstahl mit Waffen und zum Bandendiebstahl

  1. Bei Qualifikationen und Regelbeispielen kommt es [für den Versuchsbeginn] in der Regel auf den Versuchsbeginn des Grunddeliktes an. Bei Diebstahlsdelikten ist demgemäß darauf abzustellen, ob aus Tätersicht bereits die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht.
  2. Für die Einordnung als gefährliches Werkzeug ist ausreichend, wenn ein Gegenstand seiner objektiven Beschaffenheit nach geeignet ist, einem Opfer erhebliche Verletzungen zuzufügen. Dem steht nicht entgegen, dass ein Gegenstand dem Täter nur als Aufbruchswerkzeug dient, weil die aus seiner Beschaffenheit resultierende objektive Gefährlichkeit hierdurch nicht reduziert wird.

Sachverhalt (Rn. 3–5)

In der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 2022, einem Wochenende, verschafften sich die zu diesem Zeitpunkt bereits von der Polizei observierten Angeklagten C. , Ce. , Ci. , K. und S. Zugang zu den Geschäftsräumen der M. S. in K. . Ihr gemeinsam mit dem nicht am Tatort anwesenden Angeklagten T. gefasster Tatplan sah vor, im Kellergeschoss der Sparkasse mit einem Kernbohrer zur Umgehung der Alarmsicherung des Tresorvorraums durch eine Wand in ein stillgelegtes Treppenhaus zu gelangen, um von dort anschließend die Wand des Tresorraums zu durchbohren und so die dortige Schließfach­anlage zu erreichen. Die Angeklagten wollten die Schließfächer aufbrechen, um deren Inhalt, dessen Wert sie auf einen hohen sechs- bis siebenstelligen Betrag schätzten, für sich zu behalten.

Zu diesem Zweck schafften die am Tatort tätigen Angeklagten sukzessive weitere Tatmittel und Werkzeuge in das Gebäude. Hierzu gehörten Kernbohraufsätze, ein Vorschlaghammer, Dämmwolle, Stehbolzen, ein Metallsuchgerät, eine große Packung AAA-Batterien, ein Drucksprühgerät, ein Bohrhammer, ein Meißel mit Gummigriff, ein Flüssigkeits­behälter mit Schlauch, zwei große Reisetaschen, ein Spitzmeißel, ein Schraubenschlüssel, ein Aufsatz für einen Bohrhammer und ein Hammer mit Plastikgriff. Nachdem die Angeklagten bereits eine erste, etwa 20 cm tiefe Kernbohrung in die etwa 60 cm dicke Kellerwand durchgeführt hatten, wurden sie durch einen vor dem Gebäude installierten Späher gewarnt, der das Eintreffen von Polizeifahrzeugen in Tatortnähe beobachtet hatte. Daher brachen sie die weitere Tatausführung ab und traten die Flucht aus dem Gebäude an. Alle Werkzeuge und sonstige Gegenstände, die sie hereingeschafft hatten, beließen sie an Ort und Stelle. Nach Verlassen des Gebäudes konnten die Angeklagten C. , Ci. , K. und S. noch unmittelbar in Tatortnähe festgenommen werden, während dem Angeklagten Ce. zunächst die Flucht gelang.

Das LG hat die Angeklagten wegen versuchten Diebstahls verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staats­anwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Sie wendet sich namentlich dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen versuchten Diebstahls mit Waffen verurteilt wurden. Die Rechts­mittel haben Erfolg.

Das Landgericht hat die Tat für alle Angeklagten als in Mittäterschaft begangenen versuchten Diebstahl gemäß § 242 Abs. 1 StGB bewertet. Mit Blick auf die am Tatort mitgeführten Einbruchswerkzeuge hat es die Annahme eines versuchten Diebstahls mit Waffen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB abgelehnt. Dabei ist die Strafkammer davon ausgegangen, dass das Beisichführen eines Werkzeuges dann gefährlich sei, wenn es nach den konkreten Umständen geeignet sei, eine erhebliche Körperverletzung herbeizuführen. Insoweit müsse

ein Gebrauch drohen. Ob dies der Fall ist, sei anhand der jeweiligen Tatumstände festzustellen. Zu diesen gehörten die Art des Werkzeuges und des Beisichführens sowie die innere Haltung des Täters zur Verwendung; insoweit erlange ein subjektives Gefährlichkeits­kriterium Bedeutung. Bei der Bewertung anhand dieser Maßstäbe hat das Landgericht berücksichtigt, dass die Angeklagten die Gegenstände als Einbruchswerkzeuge benötigten und die Tat außerhalb der Geschäftszeit begingen, als sich sonst keine Person im Gebäude befand, ferner dass bei der Flucht keines der Werkzeuge mitgeführt wurde, sondern diese an Ort und Stelle belassen wurden. Aus den Umständen des Diebstahls und der Art der Werkzeuge ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagten die Einbruchswerkzeuge wenigstens notfalls als Nötigungs­mittel hätten einsetzen wollen. Eine „waffenersetzende Funktion“ der vorgenannten Werkzeuge sei daher nicht gegeben.

Auch eine Bewertung der Tat als versuchter schwerer Bandendiebstahl (§ 244a Abs. 1 StGB) hat das Landgericht verneint. Eine solche komme allenfalls bei den Angeklagten C. , Ce. und T. in Betracht, da nur sie bereits in der Vergangenheit in diesem Delikts­bereich in gemeinschaft­lichem Zusammenwirken in Erscheinung getreten seien. Allerdings sei der Angeklagte T. in dem insoweit anhängigen Verfahren nicht angeklagt und seine Rolle habe dort in dem Verkauf eines möglichen Tatfahrzeuges bestanden. Auch sei jene Tat in einem anderen „modus operandi“ begangen worden. Es habe sich nämlich um einen „Blitzeinbruch“ zu den Geschäftszeiten gehandelt. Allein der Umstand, dass das für die verfahrensgegenständliche Tat gekaufte Werkzeug hochpreisig gewesen und ein hoher Aufwand im Vorfeld der Tat betrieben worden sei, lasse zudem nicht den zwingenden Schluss zu, dass eine Mehrzahl von gleichartigen Straftaten geplant gewesen sei. Denn der von den Angeklagten betriebene hohe Aufwand sei bereits zur Begehung der hiesigen Tat notwendig gewesen.

Aus den Gründen (Rn. 6–22)

Die Ablehnung einer Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Diebstahls in einem qualifizierten Fall (§ 244 Abs. 1, § 244a Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nach­prüfung nicht stand.

Das gilt zunächst hinsichtlich des Tatbestands des versuchten Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB). Die im Sparkassengebäude tätigen Angeklagten haben die dorthin verbrachten Gegenstände im Sinne der Vorschrift bei sich geführt. Hierzu genügt bei einem mitgebrachten Werkzeug, dass es sich für den Täter in Griffweite befand oder er sich seiner jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen konnte. Zu den Gerätschaften gehörten mehrere Einbruchswerkzeuge, bei denen die Strafkammer ausgehend von einem unrichtigen rechtlichen Maßstab eine Einordnung als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB vorschnell abgelehnt und daher versäumt hat, zu ihnen nähere Feststellungen zu treffen.

Für eine solche Einordnung reicht es aus, wenn ein Gegenstand seiner objektiven Beschaffenheit nach geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, etwa bei einem Einsatz als Stichwerkzeug. Für mehrere der von den Angeklagten mitgeführten Gegenstände liegt eine solche Eignung allein angesichts ihrer Bezeichnung nahe, etwa für den Vorschlaghammer, den Bohrhammer, den Meißel mit Gummigriff und den Spitzmeißel. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht einer Bewertung als gefährliches Werkzeug nicht entgegen, dass ein Gegenstand dem Täter nur als Aufbruchswerkzeug dient, weil die aus seiner Beschaffenheit resultierende objektive Gefährlichkeit hierdurch nicht reduziert wird. Für § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB genügt vielmehr schon die mit dem Beisichführen verbundene latente Gefahr des Gebrauchs eines derartigen Gegenstands. Ein zusätzliches subjektives Element, etwa eine Verwendungs­absicht oder einen Verwendungs­vorbehalt des Täters, enthält § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB nicht. Der Gesetzgeber hat diese vom Bundes­gerichtshof mit Blick auf den Wortlaut der Norm, ihre Systematik sowie ihren Sinn und Zweck vorgenommene Auslegung und die daraus folgende Notwendigkeit einer Abgrenzung allein nach objektiven Kriterien gebilligt und ausgehend hiervon durch das 44. StRÄndG vom 1. November 2011 eine Strafdrohung für minder schwere Fälle geschaffen (§ 244 Abs. 3 StGB), um sicherzustellen, dass in jedem Einzelfall eine angemessene Strafe verhängt werden kann (BT-Drucks. 17/4143, S. 7 f.).

Darüber hinaus erweist sich auch die Verneinung eines versuchten schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 1 StGB) als rechts­fehlerhaft, weil sich das Landgericht dabei von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben hat leiten lassen.

Eine Bande im Sinne des § 244a Abs. 1 StGB setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit dem Willen voraus, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Diebstähle zu begehen. Nicht erforderlich ist die gegenseitige verbindliche Verpflichtung zur Begehung bestimmter Delikte; es genügt vielmehr auch die Über­einkunft, in Zukunft sich ergebende günstige Gelegenheiten zu gemeinsamer Tatbegehung zu nutzen. Das Vorliegen einer Bandenabrede kann zwar auch aus dem konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden, es kann sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. Eine bandenmäßige Begehung kommt bereits ab der ersten von einer Tätergruppierung begangenen Tat in Betracht. Diesen Vorgaben entspricht es schon nicht, dass das Landgericht für die Frage der Bandenabrede allein die Angeklagten Ce. , C. und T. in den Blick genommen hat. Aber auch seine Ausführungen zu diesen Angeklagten sind rechts­fehlerhaft: Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts ist bedeutungs­los, dass der Angeklagte T. in einem bereits anhängigen Verfahren, das eine potentielle frühere Bandentat betrifft, bislang nicht angeklagt worden ist. Soweit die Strafkammer mit dem Hinweis, seine Rolle habe dort in dem Verkauf eines möglichen Tatfahrzeuges bestanden, darauf abgestellt haben sollte, der Angeklagte T. sei dort lediglich als Gehilfe tätig geworden, wäre zudem verkannt worden, dass einer Banden­mitgliedschaft nicht entgegensteht, wenn ein einzelner Beteiligter stets nur Gehilfe sein soll. Dass der früheren Tat der Angeklagten Ce. , C. und T. ein abweichender „modus operandi“ zugrunde gelegen haben soll, schlösse ebenfalls nicht aus, dass sie im Rahmen einer Bandenabrede begangen wurde. Der Fall eines völlig anderen Tatmusters ist nicht dargetan. In der Wendung, der im Vorfeld der Tat betriebene hohe Aufwand lasse „nicht den zwingenden Schluss zu“, dass eine Mehrzahl von gleichartigen Straftaten geplant sei, offenbart sich überdies ein falscher Maßstab für die richterliche Über­zeugungs­bildung. Denn tatsächliche Schlüsse des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.

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